Globen und Karten: Kunst und Kosmos

Vincenzo Maria Coronelli, Erdglobus, 1686–1692
Kölnisches Stadtmuseum | Bildnachweis: Rheinisches Bildarchiv Köln, rba_d040443_01

Henrike Stein

Zu den beeindruckendsten und schönsten Objekten der naturwissenschaftlichen Lehrsammlung der Kölner Jesuiten zählen ein großer Himmels- und ein Erdglobus, die als Globenpaar konzipiert worden sind. Gefertigt Ende des 17. Jahrhunderts, stammen sie aus der Zeit des Barock. Die Kugeln haben jeweils einen Durchmesser von 108 cm und stehen auf verzierten Sockeln mit vergoldeten Ornamenten. Im Ganzen sind die Globen über 1,50 m hoch. Die eigentlichen Darstellungen der Erde und des Himmels bestehen jeweils aus rund 50 Kupferstichen, die an der Kugel zusammengesetzt und bemalt wurden. Hersteller war der Venezianer Vincenzo Maria Coronelli (1650–1718), der Globen, Kartenwerke und Bücher produzierte und international vermarktete. In seinen Globen, die er stets als Paar und in unterschiedlichen Größen herstellte, vereinte Coronelli kartographisches und kosmographisches Fachwissen mit einem barocken Kunstverständnis. Er vertrieb diese Objekte an Fürsten- und Königshöfe, reiche Privatleute und Adlige in ganz Europa, meist über lokale Vertreter. [1]

Der Himmelsglobus zeigt rund 1800 Sterne und 75 farbige Sternbilder, die im Wesentlichen auf sogenannten Sternenkatalogen von verschiedenen europäischen Astronomen basieren. Neben den zwölf Tierkreiszeichen sind 29 Sternbilder am Nord- und 34 am Südhimmel abgebildet, die aufwändig ausgestaltet sind. Die Figuren werden durch Beschreibungen und Bezeichnungen in den fünf Sprachen Italienisch, Französisch, Lateinisch, Griechisch und Arabisch ergänzt. Koordinatennetze, Kometendarstellungen und die Milchstraße sind ebenfalls auf dem Himmelsglobus abgebildet. Die künstlerische Darstellung der Sternbilder macht das Besondere des Himmelglobus aus, zeigt Coronelli doch eine Vielfalt barocker Tiere und Menschen, deren realistische Form und Farbigkeit ein lebendiges Bild erzeugten. [2]

Die kartographische Darstellung der Länder, Kontinente und Meere auf dem Erdglobus entspricht dem Wissensstand des ausgehenden 17. Jahrhunderts. Markiert sind zudem der Äquator und die Wendekreise sowie das Koordinatennetz. Daneben ist das unterschiedliche Leben von Menschen in verschiedenen Teilen der Erde zum Beispiel in Form von Alltagsszenen des Jagens oder Wohnens abgebildet genauso wie die ortstypische Tier- und Pflanzenwelt. Diese Darstellungen der Länder entsprechen den jeweiligen zeitgenössischen Vorstellungen, die aus Büchern und Reiseliteratur stammen. Auf den Meeren sind verschiedene Schiffe und Schiffstypen gezeigt. Außerdem befinden sich auf dem Erdglobus symbolische Figuren, die beispielsweise verschiedene Wissenschaften oder Kontinente repräsentieren. [3]

Vincenzo Maria Coronelli, Himmelsglobus, um 1692
Kölnisches Stadtmuseum | Bildnachweis: Rheinisches Bildarchiv Köln, rba_d040444

Sternbild Schütze auf Coronellis Himmelsglobus
Kölnisches Stadtmuseum | Bildnachweis: Kölner Gymnasial- und Stiftungsfonds

Darstellung von Elefanten auf dem Kontinent Afrika auf Coronellis Erdglobus
Kölnisches Stadtmuseum | Bildnachweis: Kölner Gymnasial- und Stiftungsfonds

Neben dem künstlerischen und wissenschaftlichen Wert des Globenpaares von Coronelli ist besonders hervorzuheben, dass wir anhand von archivalischen Quellen rekonstruieren können, wie die Globen ihren Weg in das Kölner Jesuitenkolleg (kurz erklärt) gefunden haben, wurden sie doch den Kölnern im Jahr 1700 von dem Kurfürsten Johann Wilhelm von der Pfalz (1658–1716) geschenkt und dann in die jesuitische Lehrsammlung integriert. Im Jesuitenkolleg wurden die großen Globen in der Bibliothek aufgestellt und Gästen und Besuchenden als besondere Sehenswürdigkeiten gezeigt. [4]

Außerdem wurden die Coronelli-Globen auch in der Lehre der Astronomie, Kosmographie, Geographie und auch Geschichte am Gymnasium Tricoronatum (kurz erklärt) eingesetzt. Im Physikalischen Kabinett befanden sich zudem weitere Globen, darunter ein älterer Himmelsglobus von Willem Janszoon Blaeu (1571–1638) aus dem Jahr 1602, zudem kartographisches Material und eine Weltkarte auf Holz. Diese Objekte dienten als visuelle Lehrmaterialien und ergänzten damit die vorhandenen Lehrbücher. Zusätzlich zu dem großen Globenpaar befand sich ein Buch des venezianischen Künstlers und Kartographen Coronelli in der Jesuitenbibliothek, das Zeichnungen und Beschreibungen des Himmels und der Erde enthielt. Zu den Blaeu-Globen gab es ebenfalls spezielle Literatur zur Nutzung. Das Ziel der Lehre an und mit den Globen war es, den Schülern ein anschauliches Bild der Erde und des Himmels zu vermitteln. Wie die eingehende Betrachtung der Globen gezeigt hat, ging es dabei nicht nur um die astronomischen und kartographischen Grundlagen, sondern auch um ein Wissen über künstlerische Darstellungen und die zeitgenössischen Vorstellungen über die ethnologischen und biologischen Besonderheiten der Länder. [5]

Vincenzo Maria Coronelli, Epitome Cosmografica, 1713
Gymnasialbibliothek, GBVIII173+C | Bildnachweis: Universitäts- und Stadtbibliothek Köln

Weltzeitbestimmungskarte, 1664
Kölnisches Stadtmuseum | Bildnachweis: Eigenes Foto

Willem Blaeu, Institution astronomique, 1669
Gymnasialbibliothek, GBVIII223+C | Bildnachweis: Universitäts- und Stadtbibliothek Köln


[1] Vgl. Wilhelm Seggewiß, Die Coronelli-Globen – Barocke Pracht und Wissenschaft, Trier 2015, S. 28–40.

[2] Vgl. Elly Dekker, Einige Hintergrundinformationen zu den Himmelsgloben von Vincenzo Coronelli, in: Marica Milanesi / Heide Wohlschläger (Hrsg.), Vincenzo Coronelli (1650–1718). Das Bild der Welt, Wien 2018, S. 130–155, hier: S. 142–146.

[3] Vgl. Marica Milanesi, Der große Erdglobus (1686–1689), in: Dies. / Heide Wohlschläger (Hrsg.), Vincenzo Coronelli (1650–1718). Das Bild der Welt, Wien 2018, S. 130–155, hier S. 141f.

[4] Vgl. Hans-Wolfgang Kuhn, Die Montierung von Coronelli-Globen in Düsseldorf und deren Vertrieb durch Matteo Alberti, in: Düsseldorfer Jahrbuch 65 (1994), S. 17–48, hier: S. 31–42; Erich Kuphal, Der Beginn des Bensberger Schloßbaues, in: Jahrbuch des Kölnischen Geschichtsvereins 10 (1928), S. 171–174; Josef Kuckhoff, Die Geschichte des Gymnasium Tricoronatum. Ein Querschnitt durch die Geschichte der Jugenderziehung in Köln vom 15. bis zum 18. Jahrhundert (Veröffentlichungen des Rheinischen Museums in Köln 1), Köln 1931, S. 613.

[5] Vgl. Bernd Wiese, Geschichte der Geographie in der Frühen Neuzeit. Werke aus Bibliotheken von Jesuitenkollegien und Universitäten im Alten Reich (Geschichte. Forschung und Wissenschaft 56), Münster 2018, S. 225; Kuckhoff, Gymnasium Tricoronatum (wie Anm. 4), S. 613.

Empfohlene Zitierweise
Henrike Stein, Globen und Karten: Kunst und Kosmos, aus: Gudrun Gersmann (Hrsg.), Bücher, Bilder, Lehrobjekte: Die Sammlungen der ehemaligen Kölner Jesuiten (DOI: https://dx.doi.org/10.18716/map/00008), in: mapublishing, 2021 (Datum des letzten Besuchs).