Kluge Köpfe
Vanessa Skowronek
Als Gründer der Gesellschaft Jesu (kurz erklärt) ist Ignatius von Loyola (1491–1556) ohne Zweifel eine Schlüsselfigur. 1540 etablierte er den Jesuitenorden in Rom, schnell folgten weitere Niederlassungen in ganz Europa. Das Schulwesen entwickelte sich im 16. Jahrhundert zu einer Kernaufgabe des Ordens – so auch im Kölner Jesuitenkolleg (kurz erklärt), das im Jahr 1544 zu Lebzeiten Loyolas als erstes nördlich der Alpen gegründet wurde. 1557 übernahmen die Jesuiten dann auch die Lehre am Gymnasium Tricoronatum (kurz erklärt) in Köln. Die Schülerzahlen stiegen rasch an und noch Ende des 16. Jahrhunderts wurde ein neues Schulgebäude in der Marzellenstraße errichtet.
Im Laufe der Zeit hielten sich zahlreiche Gelehrte im Kölner Kolleg auf und unterrichteten auch im Gymnasium Tricoronatum. Von einigen sind Porträts erhalten, wodurch wir uns heute ein konkreteres Bild von den jeweiligen Persönlichkeiten machen können. Die hier vorgestellten Jesuiten stammen aus verschiedenen Wissensgebieten und Berufen und spiegeln unterschiedliche Zeiten des Kölner Kollegs wider.
Als Student an der alten Kölner Universität (kurz erklärt) machte Petrus Canisius (1521–1597) im Jahr 1540 einen Abschluss als Magister artium. Nachdem er in Trier Bekanntschaft mit dem Jesuiten Peter Faber geschlossen hatte, trat er 1543 als eines der ersten Mitglieder der Gesellschaft Jesu bei. Canisius lehrte in der Folge an der Kölner Universität und baute weitere jesuitische Kollegs mit auf.
Friedrich Spee von Langenfeld (1591–1635) besuchte ab 1603 ein Kölner Gymnasium – ob es das Gymnasium Tricoronatum oder das Montanum war, ist nicht klar. Sicher ist, dass er am Montanum die Zulassung für das Bakkalaureat erlangte, sodass er sich an der Philosophischen Fakultät (kurz erklärt) der alten Kölner Universität einschreiben konnte. Dort erlangte er 1609 den Grad des Bakkalaureus (als erster akademischer Grad heute etwa mit dem B.A.-Abschluss vergleichbar). Nach seinem Noviziat bei den Jesuiten in Trier folgten verschiedene Beschäftigungen in unterschiedlichen Städten, unter anderem das Studium der Philosophie in Würzburg, das Studium der Theologie in Mainz sowie Stellen als Lehrer und Hochschullehrer. Spee war zudem als Schriftsteller tätig, besondere Aufmerksamkeit erlangte seine – unter einem Pseudonym veröffentlichte – Schrift Cautio Criminalis, in der er sich gegen das Vorgehen in den Hexenprozessen aussprach. Wegen seiner umstrittenen Positionen in der Hexenfrage wurde er seines Amtes als Hochschullehrer in Paderborn enthoben. Als es 1631/32 zu weiteren Konflikten kam – zu diesem Zeitpunkt war Spee Professor in Köln – wurde ihm sogar mit einem Ausschluss aus dem Jesuitenorden gedroht, was jedoch letztlich unterblieb.
Gedenktafel für Friedrich Spee in der MarzellenstraßeBildnachweis: Rheinisches Bildarchiv Köln, Andreas Fragel, rba_d028476_05
Figuren am Kölner RatsturmBildnachweis: © Raimond Spekking / CC BY-SA 4.0 (via Wikimedia Commons)
Adam Schall von Bell (1592–1666) war ein jesuitischer Missionar und Wissenschaftler, der zu den bedeutendsten europäischen Gelehrten in China gehörte. Seine Vita ist ereignisreich, seine Ausbildung begann wie die vieler anderer im Kölner Gymnasium Tricoronatum. Im Anschluss wechselte er in das Collegium Germanicum in Rom und trat in den Jesuitenorden ein. Von Italien reiste Schall von Bell 1618 nach China, wo er 1648 Superior der jesuitischen Niederlassung in Peking wurde. Neben seinem missionarischen Wirken schaffte es Schall von Bell, sich als Wissenschaftler einen Namen am Hof des Kaisers zu machen, und sogar zu dessen einflussreichem Ratgeber aufzusteigen. Zu seinen Fachgebieten gehörte die Astronomie, sodass er die Leitung des Kalenderamtes und des Astronomischen Amtes übernahm. Schall von Bell reformierte den chinesischen Kalender und machte das Fernrohr in China bekannt.
Hermann Joseph Hartzheim (1694–1767) war eine der für das Gymnasium Tricoronatum wichtigsten Personen im 18. Jahrhundert. Er stammte aus einer Kölner Juristenfamilie und war bereits als Schüler am Tricoronatum. 1712 trat er in den Jesuitenorden ein. Später dozierte Hartzheim am Tricoronatum, wurde Subregens und schließlich Regent (Leiter). Er leitete das Gymnasium 24 Jahre lang von 1735 bis 1759. Kein anderer Regent vor oder nach ihm konnte eine längere Amtszeit vorweisen. In einer Zeit, in der sich in Europa zunehmend eine gewisse antijesuitische Haltung verbreitete – unter anderem durch das Aufkommen aufklärerischer Ideen – konnte Hartzheim dem Gymnasium, dessen Ansehen und Schülerzahlen mit der Zeit gesunken waren, zu einer letzten Hochphase verhelfen. Er leitete wichtige Reformen ein, zu denen unter anderem Unterricht in der Muttersprache Deutsch gehörte. Außerdem machte er sich um die Sammlungen des Jesuitenkollegs verdient. Viele Bücher aus der Jesuitenbibliothek sind Schenkungen Hartzheims. Zudem legte er eine Münzsammlung an. Als Historiograph verfasste er zahlreiche Werke zur Geschichte Kölns, unter anderem seine Schrift Bibliotheca Coloniensis von 1757, mit der er ein umfassendes Kölner Gelehrtenlexikon schuf.
Die Porträts einzelner Jesuiten verweisen nur auf einen kleinen Teil der Geschichte des Tricoronatums. Einige der genannten Personen wirkten lange Zeit in Köln, für andere war die Stadt nur ein Zwischenstopp: Für die Kölner Kulturlandschaft ist es ein erfreulicher Umstand, dass sich ihre Bildnisse teilweise in der Porträtsammlung erhalten haben und den Blick auf die Kölner Vergangenheit erweitern.
Empfohlene Zitierweise
Vanessa Skowronek, Kluge Köpfe, aus: Gudrun Gersmann (Hrsg.), Bücher, Bilder, Lehrobjekte: Die Sammlungen der ehemaligen Kölner Jesuiten (DOI: https://dx.doi.org/10.18716/map/00008), in: mapublishing, 2021 (Datum des letzten Besuchs).